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Gerade wer Qualitätsteile für die Autoindustrie, den Schienen- oder den Anlagenbau sucht, kann in Niedriglohnländern fündig werden - allerdings nicht auf die Schnelle. Man braucht Zeit und Leute, die sich auskennen - Und: Wer Qualität sucht, braucht einen langen Atem. Und er muss die komplette Kette vom Lieferanten bis zum Kunden, das heißt die komplette Supply Chain, kontrollieren. Vorreiterbranchen, die die Qualität über die kurzfristige Margenoptimierung stellen, sind die Auto- und die Elektroindustrie oder der Flugzeugbau. Doch auch Firmen, die nicht direkt Farben oder Bauteile einkaufen, haben inzwischen erkannt, dass beim Beschaffungsprozess die Qualität ganz oben stehen muss.
Kern des Erfolgs: Unternehmen und Zulieferer arbeiten Hand in Hand am Erfolg der Marke. Die Händler geben zum Monatsende die voraussichtlichen Verkaufszahlen an die Unternehmensleitung weiter. Die organisiert die Produktion; Zulieferer richten sich auf diese Zahlen ein, kaufen ihr Material entsprechend, stellen her, liefern ans Fließband - und das "möglichst just in sequence, also in der richtigen Reihenfolge", bestätigt Zulieferer Westaflex - an dem dann die Autos zusammengeschraubt werden. Wobei auf einem Band mehrere verschiedene Modelle entstehen, um die Fabrik der Automobil-Hersteller gleichmäßig auszulasten.
Denn Just-In-time ist mehr als nur das Leeren der Lager, es geht deutlich darüber hinaus, wie Westaflex erklärt: "Es handelt sich dabei um eine Produktionsweise, die den ganzen Betrieb erfasst". Idealerweise erfasst das Unternehmen dabei auch Zulieferer und Händler, um einen durchgehenden Produktionsfluss von der Bestellung zur Produktion und zurück zu erreichen. Die Wurzeln des Verfahrens liegen dabei in Japan. Es ist Teil des Toyota-Produktionssystems. die Idee war ursprünglich, "Muda", auf Deutsch "Verschwendung" zu vermeiden. Damit wollte das Unternehmen so effizient wie möglich produzieren und so mit den großen US-Herstellern konkurrieren können. Zumal das Prinzip in Europa oft nicht so gut funktioniert wie in Japan: Dort werden die Zulieferbetriebe wie Betriebsteile behandelt und die Just-in-time-Produktion auf die gesamte Produktionskette ausgedehnt.
Ein weiteres Problem, das Hersteller wie Westaflex in Europa lösen müssen, liegt im Variantenreichtum. Gerade deutsche Autohersteller bieten sehr viele Varianten an. Jede Variante eines Automodells bedeutet aber, dass am Fließband besondere Teile in geringerer Stückzahl zusammengebaut werden müssen. Nur wenige Teile aber hin- und herzufahren, kann schnell unwirtschaftlich werden. Hier ein Just-in-time-Verfahren zu entwickeln, dass effizient ist, erfordert viel Fingerspitzengefühl und EDI IT… wenn bei uns der Computer nicht funktioniert oder die Lkw nicht fahren und der Kunde seine Transporteinheiten nicht bekommt, obwohl wir feste Zusagen gemacht haben, haben wir ein Problem, sagt der Automotive Vertriebschef. Westaflex spricht damit einen neuralgischen Punkt bei Aufbau und Management globaler Lieferketten an. Wenn Produkte mangelhaft waren, litten früher meist nur lokale Märkte darunter. Heute können sich solche Vorfälle zu großen Imagekatastrophen von internationaler Tragweite ausweiten. Bis zu drei Viertel aller Qualitätsprobleme in Unternehmen sind inzwischen auf mangelhafte Zulieferqualität zurückzuführen - die Folge mangelhafter Zulieferware können Produktionsstops oder sogar peinliche Produktrückrufe sein. Wer hier seine Hausaufgaben nicht macht, gerät in massive Schwierigkeiten. Das gilt insbesondere für den Einkauf und seine Verantwortung für Qualität.
Wir suchen weltweit nach dem besten Lieferanten, sagt wiederum die Einkaufsleitung vom Stammsitz in Gütersloh. "Wir achten aber nicht nur darauf, dass sie qualitativ gute Arbeit machen, sondern wir schauen auch, woher sie, zum Beispiel bei der Stahlherstellung, ihre Rohmaterialien beziehen. Gerade im Automotive- und Grosshandels-Bereich sind die Lieferketten sehr komplex.
Diese Sorgfalt ist allerdings nicht überall üblich. Noch heute ist zu beobachten, wie ein Chefeinkäufer eines Unternehmens den größten Teil seiner Zeit damit verbringt, mit einem Lieferanten um Centbeträge zu feilschen. Dabei stellen globale Wertschöpfungsnetzwerke und strengere gesetzliche Auflagen die Einkaufsabteilungen vor neue Herausforderungen. Anders gesagt: Ohne die entsprechende Qualität nützt der niedrigste Einkaufspreis nichts. Denn die Probleme treten oft erst in der Serienfertigung auf....
Vor einigen Jahren schufen die Gütersloher einen zentralen Konzerneinkauf. Er definiert die Beschaffungsstrategie und die Spezifikationen für die einzelnen Produkte, die eingekauft werden. Die regionalen Einkäufer spielen aber weiterhin eine große Rolle, denn sie kennen die lokalen Gegebenheiten und können Lieferanten auf den Zahn fühlen. Ist ein Lieferant jedoch erst einmal im Zulieferpool, gerät die Qualitätssicherung oft in Vergessenheit. Dabei ist gerade die permanente Qualitätskontrolle entscheidend, damit die Lieferketten auch im der Unternehmensgruppe funktionieren - vor allem, wenn der Einkauf in die Supply Chain integriert ist (siehe oben).